HZ Nr. 1522/09.05.1997
Klaus Kinkel, deutscher Vizekanzler und Außenminister hat sich am Mittwoch und Donnerstag der Vorwoche (1. Mai Woche) zur Fünfjahresfeier der Unterzeichnung des deutsch-rumänischen Grundlagenvertrags in Bukarest aufgehalten. Hier ist sein Besuch mit Spannung erwartet worden, weil man sich von Deutschland Unterstützung für die Aufnahme Rumäniens in die NATO erhoffte. Die in ihn gesetzten Erwartungen hat Kinkel nur zum Teil erfüllt: Zwar versprach er, Rumänien bei der baldigen Aufnahme in die euroatlantischen Strukturen zu unterstützen, aber die Aufnahme Rumäniens in die NATO noch in der ersten Erweiterungsrunde wollte er nicht zusagen - die Bundesregierung habe sich noch nicht entschieden. Doch werde er in Bonn Mitteilung machen von der Entschlossenheit, mit der sämtliche politischen Kräfte Rumäniens und die Bevölkerung den NATO-Beitritt des Landes wünschen. Er verstehe "die Sorge der Menschen, Rumänien könne den Anschluß an die euroatlantischen Strukturen verlieren und als eine Art politisches und sicherheitspolitisches Niemandsland zurückbleiben".
Kinkel führte in Bukarest Gespräche mit Präsident Constantinescu, Ministerpräsident Ciorbea, Außenminister Severin, den Präsidenten der beiden Parlamentskammern, Diaconescu und Roman, sowie mit dem früheren Präsidenten und jetzigen Oppositionsführer Iliescu. Der rumänische Außenminister Adrian Severin gab im Beisein seines deutschen Amtskollegen eine Erklärung ab, in der seine Regierung die Deportation der Sachsen und Schwaben 1945 und den "entwürdigenden Tauschhandel" mit ausreisewilligen Rumäniendeutschen in der Ceausescu-Zeit bedauert und sich dafür entschuldigt (siehe gesonderte Meldung). Kinkel dankte für diese Erklärung und meinte, daß sie die partnerschaftliche Beziehung zwischen Deutschland und Rumänien verbessern helfe.Die deutsche Minderheit sei "Schanier und Brücke" zwischen den beiden Ländern.
Zusammen mit dem deutschen Außenminister waren auch etwa 200 Vertreter der deutschen Wirtschaft angereist (vor zwei Monaten war von nur 50 die Rede gewesen), die in Bukarest an einem politisch hochrangig besetzten deutsch-rumänischen Wirtschaftssymposion unter dem Motto "Gemeinsam die Zukunft gestalten" teilnahmen. Premierminister Victor Ciorbea erklärte nach dem Symposion, das mit über 900 Teilnehmern alle Erwartungen der Veranstalter übertroffen hatte, daß die deutschen Geschäftsleute Interesse gezeigt hätten, in das Eisenbahnnetz, das Hüttenwesen und die Metallverarbeitung, die chemische und petrochemische Industrie, den Flugzeug- und Fahrzeugbau zu investieren. Er sei überzeugt, daß in nächster Zukunft mehrere bedeutende Handels- und Wirtschaftsverträge zwischen. deutschen und rumänischen Partnem abgeschlossen würden, fügte Ciorbea hinzu.
Zum Kinkel-Besuch gehörte auch eine Podiumsdiskussion über die Perspektiven der deutschen Minderheit in Rumänien, die am Freitag - ohne Kinkel, der schon abgereist war - in Temeswar stattfand. Zu beantworten waren die Fragen: Was kann die rumänische Regierung, was kann die deutsche Regierung und was können übernationale Organisationen (wie die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen) für die deutsche Minderheit in Rumänien tun? Doch das Gespräch drehte sich bald fast nur noch darum, was für Voraussetzungen die Seiten für die rumäniendeutschen Rückkehrer schaffen sollten und müßten. Einige davon nannte der Forumsvorsitzende: rumänischerseits rechtliche Grundlagen für Rückkehr und Neuanfang "auf alten Grundlagen", deutscherseits "elastische Lösungen" betreffend Fremdrentengesetz und Paßrecht.
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