Die dritte "Habsburg-Fahrt" des
Jugendreisevereins Transylvania Tours e.V. führte vom 30. April bis zum 4.
Mai nach Luxemburg und Belgien. Elf Personen begaben sich diesmal auf die
Spurensuche der großen österreichischen Dynastie in einen Landstrich
mit prächtigen Handels- und Bürgerstädten, der auch als eine der
"Urheimaten" der Siebenbürger Sachsen angesehen wird.
Das verlängerte Wochenende gab uns genug
Zeit, um ein volles und gelungenes Programm durchzuführen. Schon Mittwoch
abend führen wir von Nürnberg nach Speyer, wo wir unsere erste Nacht
verbrachten. Die Zeit bis zum Schlafengehen überbrückten wir mit
einem Spaziergang durch die kleine aber geschichtsträchtige Stadt. Wir
bewunderten alte Bauten, wurden aber oft von Hans Ehrmann, einem
Architekturkenner unter uns, belehrt, es sei NEO-gotisch, NEO-romanisch, ja
sogar oft NEO-barock. Also nicht echt!! Wir wurden langsam mißtrauisch
und während der Fahrt erfreuten wir uns an der Architektur eines
Gebäudes erst, nachdem wir uns vergewissert hatten: "Hans, ist das echt?"
Ja wir konnten bis zuletzt auch selber Hinweise auf den tatsächlichen
Baustil und die -epoche erkennen.
Speyers Attraktion, den Dom, besichtigten wir am
nächsten Morgen. Unser Quotenhistoriker und ansässiger Speyerer, Dr.
Martin Armgart, weihte uns in die wechselvolle Geschichte des Domes ein, die
sich auch in den verschiedenen Baustilen niederschlug. Er wurde im 11.
Jahrhundert von den Saliern erbaut und hat danach noch viele Änderungen,
bis in unser Jahrhundert, erfahren. Hier befindet sich auch die
größte Krypta des Abendlandes, die dem Kaisergeschlecht der Salier
und dem ersten Kaiser aus dem Geschlecht der Habsburger (Rudolf I.) als letzte
Ruhestätte dient.
Die nächste Station auf unserer Reise war
Luxemburg. Zuerst wurde das Benediktiner-Kloster in Echternach besichtigt.
Natürlich sahen wir uns auch die Stadt Luxemburg an, die uns allein durch
ihre geographische Lage (Hügel und zerklüftete Felsen), und ihren
baulichen Gesamteindruck (Talbrücken, steinerne Zeugen der ehemaligen
Wehrhaftigkeit der Stadt), sehr ansprach. Angesichts des großherzoglichen
Palais, der relativ bescheidenen Behausung des Landesvaters, erzählte uns
Martin, wie geschickt die Habsburger nach der Devise: "Andere mögen Kriege
führen - du, glückliches Österreich, heirate" in die
luxemburgische Adelsfamilie einheirateten und sich damit unter anderem auch
Siebenbürgen einverleibten.
Belgien mit seinen Provinzen Flandern und
Brabant bildete den Schwerpunkt unserer Reise. Eine wichtige Stadt im
Mittelalter war Leuven (Löwen), das zur damaligen Zeit ein
Verkehrsknotenpunkt auf dem Wasser- und Landweg, zum Beispiel nach Köln,
war. Heute ist hier eine große Universität, deren wunderschöner
Campus seiner Bezeichnung alle Ehre macht und manche von uns an das englische
Oxford erinnerte. Auch die Stadt selber gefiel uns ausnehmend gut, vor allem
das imposante gotische Rathaus und der Beginenhof, wo heute Studenten wohnen.
Dieser ist der größte erhaltene seiner Art und vermittelt einem mit
seinen verwinkelten Gäßchen, kleinen Brücken und
urtümlichen Backsteinhäusern eine mittelalterliche Atmosphäre.
Die "Beginchen", die da früher lebten, waren im Mittelalter eine
Glaubensgemeinschaft von Frauen, die besonders im. sozialen Bereich tätig
waren, ohne jedoch ein Gelübde abzulegen. Ein unvergeßlicher Tag
auch aufgrund unseres "Stadtführers" mit Herz, Prof. Dr. Herman van der
Haegen (Universität Leuven), der sich auch als Kenner der Geschichte
Siebenbürgens erwies.
Selbstverständlich durfte ein Abstecher in
die belgische Metropole und europäische Verwaltungszentrale Brüssel
nicht fehlen. Um ehrlich zu sein: Wir wurden nicht vom Hocker gerissen.
Brügge dagegen hat es uns angetan. Mit tausend versteckten,
architektonisch ansprechenden Winkeln und den vielen Wasserwegen (nicht umsonst
nennt man es das "Venedig des Nordens") entlockte es uns "Ans" und "Olis" und
entzückte Blicke. Da war alles richtig "echt" und sah auch danach aus. Wir
waren froh, daß wir Gelegenheit hatten, die Madonna von Michelangelo
(eines der wenigen Meisterwerke des Künstlers außerhalb Italiens) in
der Kirche "Unserer Lieben Frau" zu betrachten.
Die Grenze der habsburgischen Niederlande
bildete die belgische Nordseeküste um Zeebrugge. Trotz nicht einladender
Hafenstadtatmosphäre genehmigten wir uns zumindest ein kühlendes
Fußbad im Meer. Gemäß dem Motto "das Beste zum Schluß"
noch ein Lob auf die belgische Küche und die Menschen, die sehr freundlich
und zuvorkommend waren. Dies verstärkte die sowieso nette Atmosphäre,
die unter den Reiseteilnehmern herrschte (dies Kompliment an alle geht
besonders an unseren strapazierfähigen Organisator Hakan Mazgareanu).
Es war eine gemäß der Absicht des
Vereins "Reisen mit offenen Augen und Ohren" rundum gelungene
Fahrt, und sogar Petrus hat uns einen Riesengefallen getan und sich keinen
Ausrutscher geleistet. Ob die Fahrt selber echt war, oder doch nur ein
schöner Traum?
Christine Barth |