Deutsche Siedler sind hier seit etwa 1200 ansässig. Der Kirchenbau entst and um 1260 gleichzeitig mit den ersten Wallanlagen. Schon im frühen Mittelalter hat Reußmarkt als Sitz einer der sieben Stühle eine Rolle gespi elt. Allerdings war es durch seine Lage sehr exponiert und Opfer aller durchzieh ender Heere. Belegt sind Verwüstungen durch die Türkeneinfälle nach 1400. Auch später hatte der Ort viele Brandschatzungen zu erdulden, vor allem in den wirren Zeiten nach 1600, als walachische, kaiserliche, türkische und ungarische Haufen den Unterwald überfielen. Noch bis 1848, in den Jahren der Revolution, wurde Reußmarkt von Rebellen bedrängt. So kam es immer wieder zu Rückschlägen und zu keiner städtischen Entwicklung. Da aber die Zekeschebene, in der Reußmarkt liegt, fruchtbar ist, entwickelte sich eine ertragreiche Landwirtschaft und eine bemerkenswerte Viehzucht. An den Berghängen gedeiht zudem ein süffiger Wein.
Urkundlich wird der erste Schulmeister 1500 erwähnt, 1636 ein Rektor. Kulturell verzeichnete Reußmarkt immer schon eine rege Tätigkeit. 1913 wurde ein Gemeinschaftshaus mit großem Veranstaltungssaal gebaut. Ein aktives Vereinsleben spielte sich auch im sozialen und geistigen Bereich ab. Erinnerungswert sind Theateraufführungen, Auftritte des Chores und das anspruchsvolle Repertoire der Adjuvanten. Elf Nachbarschaften sorgten für enge Gemeinschaftsbindungen.
In Reußmarkt bestand bis zum zweiten Weltkrieg ein geschlossenes sächsisches Gemeinwesen, das trotz rumänischer Bevormundung im öffentlichen Bereich in sich gefestigt war. Der Krieg hat die sächsische Gemeinschaft hart und schmerzlich getroffen: Allein im deutschen Heer sind 30 Reußmarkter gefallen, in der rumänischen Armee weitere 14. Nach Rußland wurden 122 Frauen und Männer deportiert, neun sind gestorben.
Nach der Enteignung, Deportation und den unausgesetzten Verfolgungen im kommunistischen Staat hat sich die sächsische Bevölkerung zunehmend abgesetzt, sei es durch Abwanderung in die Städte und Industriezentren, sei es durch Aussiedlung nach Deutschland. So sind folgende Zahlen für die deutsch-evangelischen Einwohner belegt: 1941 630, 1990- 314, 1997 105.
Die Gemeinschaft hat vor dem Abgang der überwiegenden Zahl ihrer Mitglie der noch einmal Kirche, Burg und Pfarrhof in gemeinsamer Anstrengung repariert. Sie zeugen als steinerne Male von der Rührigkeit der sächsischen Einwohner.
Die Mehrzahl der Reußmarkter lebt heute in Deutschland, aber auch in der restlichen Welt, von Australien bis Nordamerika, leben viele verstreut. Bei de n Pfingsttreffen in Dinkelsbühl gehört es dazu, daß die Reußmarkter mit einer Trachtengruppe im Zug mitgehen. Das genügte ihnen nicht , und so fand am 8. September 1979 das erste Treffen der Landsleute in Dinkelsbühl statt. Die Initiative war von Katharina Fabich, Lehrer Paul Staedel und Wilhelm Spielhaupter ausgegangen, rund 120 Teilnehmer kamen auf Anhieb zusammen. Schon im nächsten Jahr fand das zweite Treffen statt, seither wird es in zweijährigem Rhythmus abgehalten. Drei Treffen waren bislang in Dinkelsbühl, drei in Heilbronn und eines in München. Auf dem Programm stehen stets umfangreiche kulturelle Darbietungen.
Die HOG umfaßt eine Anzahl von 317 Familien bzw. Einzelpersonen. Sie wird von einem Vorstand geleitet, bis 1988 war Katharina Fabich, geborene Löw , Vorsitzende, danach wurde Simon Acker in dieses Amt gewählt. Grundlage der Tätigkeit ist eine Satzung, die ihre Schwerpunkte auf kulturelle Aktivitäten und die Unterstützung des Heimatortes legt.
Die Reußmarkter haben sich in zwei geographischen Schwerpunkten niedergelassen, München und Heilbronn, und dort Nachbarschaften gebildet.
Die Münchner Nachbarschaft entstand 1987. Die bisherigen Altnachb arn waren: Simon Dietrich, Wilhelm Dietrich, Wilhelm Spielhaupter (Haar), Sikmon Roth, Richard Hann, Michael Greff und Wilhelm Spielhaupter (Karlsfeld). Seit einigen Jahren werden die Ämter nach dem Rotationsprinzip besetzt: dem Altnachbarn folgt der Jungaltnachbar, diesem der Irtenträger. Der jährlich zur Faschingszeit einberufene "Gerichtstag" bietet Gelegenheit, die Tätigkeiten zu bewerten. In den ersten Jahren wurden die Veranstaltungen im Gemeindehaus der Dankeskirche in München-Milbertshofen abgehalten. Da die Mitgliederzahl stetig gestiegen ist, zur Zeit beträgt sie 65 Familien, fand die Nachbarschaft in der größeren Christuskirche in München-Gern eine Bleibe. Seit vier Jahren findet zudem auf Reußmarkter Initiative am ersten Weihnachtstag ein in siebenbürgischer Tradition verwurzelter Morgengottesdienst mit Lichtersingen in der Dankeskirche statt. Die Münchener Landsleute sind kulturell besonders aktiv. Sie verfügen über einen Chor, dem allerdings auch andere Siebenbürger angehören; unter der Leitung von Paul Staedel hat er viele öffentliche Auftritte bestritten und dabei beachtliche Leis tungen erbracht. Eine Musikkassette belegt das Können der Singgemeinschaft. Die eigene Musikkapelle entstand unter der Leitung von Michael Theil und vereinigt Bläser, die sich mit viel Elan der traditionellen "Adjuvantenmusik" widmen. Zudem haben Reußmarkter über viele Jahre in den Münchener Tanzgruppen mitgewirkt.
Die Heilbronner Nachbarschaft wurde 1988 gegründet und hat 120 Mitglieder. Sie leitet sich nach "Statuten", die denen des Heimatortes nachempfunden sind. Im Gründungsvorstand waren Simon Schenker, der auch langjähriger Vorsitzender ist, Michael Acker (Güglingen) und Maria Acker als Kassenwart. Das "Amt" arbeitet mit wechselnder Besetzung. Die Nachbarschaftsmitglieder sind in Kirchenchören, Volkstanzgruppen, bei Straßenfesten und der Landesgartenschau aktiv. Bei der "Siebenbürgischen Hochzeit" war die Braut in Reußmarkter Tracht gebockelt.
Um den bundesdeutschen Gegebenheiten zu entsprechen und vor allem um fiskalischen Normen zu genügen, wurde ein eingetragener Verein gegründet, der namensgleich mit der HOG Reußmarkt als Körperschaft auftritt. Der Verein ist vom Finanzamt Heilbronn als gemeinnützig anerkannt und betrachtet sich als Trägerorganisation für die Heimatortsgemeinschaft. Satzungsgemäß sollen ortsspezifische Anliegen gefördert werden, etwa die Unterstützung der Landsleute im Herkunftsort, Sicherung und Wahrung des Kulturgutes, sowie die Zusammenarbeit mit allen siebenbürgisch-sächsischen Einrichtungen. Ein besonderes Gewicht dabei hat nach wie vor die Unterstützung der Heimatgemeinde, z.B. der dortigen Friedhofspflege.
Die Reußmarkter haben sich mit ihrer reichen Tracht wiederholt am Münchner Oktoberfest beteiligt. 1993 war Reußmarkt beim Oktoberfestzug die ausrichtende Gemeinde seitens der Siebenbürger Sachsen. Beim diesjähr igen Zug ging wieder eine Gruppe von 30 Trachtenträgern mit, die vom Fernsehkommentator namentlich hervorgehoben wurde.
Bei vielen Veranstaltungen der Landsmannschaft auf Bundesebene und auf Landesebene in Bayern sind die Reußmarkter Trachtenträger und Kulturformatien gefragt, um das Rahmenprogramm mitzugestalten.
Durch die Aussiedlung haben die Reußmarkter die dokumentarische Grundlage ihrer Familiendaten und ihrer Geschichte nicht mehr zur Hand. Im Rahmen der Sektion Genealogie des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde e .V. wurde daher die Aufstellung eines Familienbuches begonnen, das datentechnisch erfaßt werden soll. Erfreulicherweise haben sich junge Leute mit entsprechenden Kenntnissen, u.zw. Simon Spielhaupter (München) und Simon Schenker jun. (Lauffen), für diese Arbeit zur Verfügung gestellt. Bislang wurden etwa 1000 Personen-Datensätze erfaßt, ein immer noch geringer Teil angesichts der Generationenabfolge.
Ein Heimatbuch der Gemeinde ist in Arbeit. Auch dieses Vorhaben kann nur unter gemeinsamer Mitwirkung der Gemeinschaft gelingen. Nachdem über 30 Landsleute ihre Beiträge erbracht haben, sind auch alle anderen Reußmarkter aufgerufen, ihren Teil beizutragen, nicht zuletzt mit Spenden für die Drucklegung.