Geschichtlicher Überblick
Petersdorf, rumänisch Petis, früher Petisdorf, ungarisch
Kispéterfalva, lateinisch villa Petri, sächsisch
Pitterschtref, liegt mitten in einer Gegend ausgedehnter Mischwälder, etwa zehn
Kilometer von Marktschelken entfernt, unweit der Stadt Mediasch. Der Ortsname ist
wahrscheinlich auf den Ortsgründer (Peters-Dorf) zurückzuführen. Erstmals
wird der Ort als Peterfolua 1336 urkundlich erwähnt, als der Besitz des Grafen
Nikolaus, Sohn Konrads von Talmesch, an dessen Gattin Elisabeth (1336/UB 521) abgetreten
wurde. In den folgenden Jahren wechselte Petersdorf oft seine Besitzer. Als Klara, die Witwe des
Königrichters Petru Gref, 1485 ihren Besitz Petherfalwa testamentarisch der
Hermannstädter Marienkirche vermachte, wurde auf der Rückseite der Urkunde
erstmals die deutsche Namensform Petersdorf verwendet.
Was die administrative Zuordnung betrifft: Petersdorf gehörte bis 1848 zum Weißenburger Komitat, danach zum Komitat Großkokeln (Tarnava Mare), nach der neuen Verwaltungsgliederung von 1876 schließlich zum Bezirk Mediasch. 1968 wurde Petersdorf dem Kreis Hermannstadt zugeordnet. Bis 1950 war Petersdorf eine selbstständige Gemeinde mit eigenem Ortsrichter, nach der Gemeindereform von 1950 wurde es zunächst der Gemeinde Bell und 1968 Marktschelken angegliedert.
Von der kirchlichen Verwaltung her gehörte Petersdorf bis 1951 zum Schelker, danach zum Mediascher Kirchenbezirk. Wegen der kleinen Zahl der Evangelischen wurde Engenthal bereits seit 1910 von Petersdorf aus seelsorgerisch betreut. Die Bedeutung von Petersdorf in der Umgebung wurde 1937 - 1959 verstärkt, da Johann Schmidt als "Kreispfarrer" mit Sitz in Petersdorf eingesetzt und mit der Betreuung der Gemeinden Bell, Engenthal, Michelsdorf und Petersdorf beauftragt wurde.
Seit 1762 sind alle kirchlichen Matrikeln in Petersdorf erhalten geblieben. Die kleine Saalkirche mit rundgeschlossenem Chor und Rundbogenfenstern wurde 1890 mit Hilfe des Gustav-Adolf-Vereins gebaut. Der Schulunterricht fand früher in Räumlichkeiten statt, die von der Kirche gemietet wurden, bis 1912 die erste Schule gebaut wurde. Simultanunterricht war angesagt, da es für mehrere Klassen nur einen Lehrer gab. Eine evangelische ländliche Fortbildungsschule wird bereits 1883 erwähnt: sie fand an Winterabenden statt und wurde von je elf Mädchen und Jünglingen besucht. Von 1939 bis 1941 wurde auf Initiative von Pfarrer Johann Schmidt mit maßgeblicher Hilfe der Dorfbewohner, der Landeskirche und des Gustav-Adolf-Vereins ein neues Pfarrhaus gebaut.
Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen
Der Nationalsozialismus hat kaum nennenswerte Spuren in Petersdorf hinterlassen. Trotzdem
mußten sich 1943 von 614 Einwohnern gleich 54 junge Männer zum Dienst in der
deutschen Waffen-SS entscheiden. Davon sind 22 im Krieg gefallen, 32 gerieten in
Gefangenschaft, wovon 20 in Deutschland blieben und zwölf in die Heimat
zurückkehrten.
Im Januar 1945 wurden 73 Frauen und Männer aus Petersdorf zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert: sieben starben, sieben wurden nach Deutschland entlassen und 59 kamen nach Petersdorf zurück. Nach der Enteignung von Boden, Vieh, landwirtschaftlichen Geräten, sowie Häusern in den Nachkriegsjahren wanderten viele Petersdorfer nach Marktschelken, Arbegen, Frauendorf, Mediasch, Freck oder sogar nach Petroschen ab, um neue Verdienstmöglichkeiten zu finden. Im Laufe der Jahre verstärkte sich der Auswanderungsdrang nach Deutschland: im Zuge der Familienzusammenführung gelang den meisten Dorfbewohnern die Ausreise. Heute leben in Petersdorf noch 20 evangelische Seelen. Seit 1981 wird Petersdorf von anderen Gemeindepfarrern mitbetreut, zur Zeit von Pfarrer Barth aus Großscheuern. Seit 1987 hat das Dorf keine deutsche Schule mehr. Elektrische Straßenbeleuchtung gibt es erst seit 1967, in den Jahren danach wurden auch die Häuser ans Stromnetz angeschlossen. Die Zufahrtsstraße von Marktschelken wurde erst im vorletzten Jahrzehnt geschottert und ist somit auch für Kraftfahrzeuge bei jedem Wetter befahrbar.
Organisation in der neuen Heimat
Die Petersdorfer leben verstreut in allen Teilen Deutschlands, wobei Drabenderhöhe,
Gummersbach, Nürnberg, München, Duisberg, Ulm und Berlin bevorzugt werden.
Durch Fleiß, Strebsamkeit, Sparsamkeit und Anpassungsfähigkeit haben die
Petersdorfer in der neuen Heimat Arbeit sowie Anerkennung gefunden, sie haben gut Fuß
gefaßt; viele haben sich Eigenheime gebaut.
Die in Drabenderhöhe und Umgebung wohnenden Landsleute, an der Spitze mit Johann Dengel, organisierten 1986 das erste Petersdorfer Ortsgemeinschaftstreffen in Drabenderhöhe. Beim zweiten Treffen 1987 beschloß man, die Heimatortsgemeinschaft bzw. Nachbarschaft Petersdorf zu gründen. Johann Dengel wurde zum Vorsitzenden, Oskar Auner zum Stellvertreter gewählt. Es fanden bisher sieben Treffen statt, die alle sehr gut besucht und reibungslos organisiert waren. Beim zweiten Treffen wurde ein Gremium bestimmt, das Archivmaterial, Fotos, schriftliche Beiträge und Kartenmaterial sammeln und ein Heimatbuch gestalten sollte. Diese Arbeit wurde inzwischen beendet. Das Buch soll bis zum 8. Petersdorfer Treffen am 26./27. August 1995 in Drabenderhöhe fertiggestellt sein.
Verbindung zur Heimatgemeinde
Während der Jahrzehnte der Familienzusammenführung wurde die Verbindung
zwischen Ausgesiedelten und Verbliebenen vermittels Briefe, Besuche und Paketsendungen
aufrechterhalten. In Rundschreiben und anläßlich der Ortsgemeinschaftstreffen vor
und nach der Revolution von 1989 wurden alle in Deutschland lebenden Petersdorfer
aufgefordert, die Not unserer in der Heimatgemeinde verbliebenen und von der Teuerung
besonders hart getroffenen Landsleute zu lindern. Neben Einzelpaketen und Spenden wurden vor
allem zu Weihnachten Lebensmittelsendungen aus Mitteln der HOG Petersdorf
zusammengestellt.
Die 20 in Petersdorf lebenden Landsleute wählten Lorenz Auner zum Kurator, der zugleich die Glocken läutet und das leerstehende Pfarrhaus ehrenamtlich betreut. Die Friedhofspflege hat Andreas Dörr übernommen, der von der HOG ein kleines Entgelt bezieht. Anna und Daniel Scholtner besuchen regelmäßig die Heimatgemeinde, leiten Hilfsmaßnahmen ein und berichten nach ihrer Rückkehr jeweils über die Lage in Petersdorf.