Meeburg

von Michael Schuller

(erschienen in der Siebenbürgischen Zeitung, 30. September 1995)

Legende und Geschichte
Die siebenbürgisch-sächsische Ortschaft Meeburg, rumänisch Beia, ungarisch Homorodbene liegt an der Eisenbahnlinie Kronstadt - Schäszlig;burg in der Nähe des Eisenbahntunnels, wo die Kreise Kronstadt, Harghita und Mieresch zusammentreffen.

Erstmals wurde die Ortschaft als Bene in einer lateinischen Urkunde am 15. Juni 1442 vom damaligen siebenbürgischen Fürsten Johannes Hunyadi, dem Vater des ungarischen Königs Mathias Korvinus, erwähnt. Aus dem Namen Bene ist das ungarische "Homorodbene" entstanden (1733 "Szász-Benyé", 1750 "Beje", 1850 "Beja"); so mancher meinte früher, daß dieses der Name einer "heiligen Jungfrau" aus der Umgebung gewesen sei.

Über die Entstehung des deutschen Ortsnamens "Meeburg" schrieb der Volkskundler Fr. Müller: "Mehburg selbst führt seinen Namen, welcher eigentlich Magdeburg lauten sollte, von einem Nonnenkloster, welches an der Rauhen Kuppe stand und von dem (um 1850) noch Mauertrümmer übrig sind". Auch die Sprachforscher G. Kisch, W. Scheiner und Fr. Keintzel-Schön meinten, daß der Ortsname Meeburg die mittelhochdeutsche Aussprache von "Magdeburg" sei.

Allerdings ist im Wappen Meeburgs nicht eine Jungfrau abgebildet, sondern ein Kreuz, das an den äßeren Enden von drei Armen je einen Kreis hat (vielleicht das Symbol für drei Rosen oder für die Straßenlage der Ortschaft), während am Ende des vierten aufwärtsgerichteten Armes wiederum ein kleines Kreuz abgebildet ist.

Die Sage erzählt über die Entstehung des Ortsnamens Meeburg folgendes: "Vor vielen, vielen Jahren lag im Nordwesten der Gemeinde, jenseits des heutigen Eisenbahntunnels, eine Siedlung, die von der Pest arge heimgesucht wurde, so daß nur noch einige Frauen überlebten. Sie verließen darauf ihr Dorf und, da sie aus Ansteckungsangst von keiner der umliegenden Gemeinden aufgenommen wurden, bauten sie im Süden Meeburgs, an der "Rauhen Koppe", mit Hilfe der Hirten aus der Nähe ein kleines Kloster, wo sie weiterlebten und für ihre verstorbenen Angehörigen beteten. Auf der etwas niedrigeren Koppe (heute auch "Mädelkoppe" genannt), von wo man eine gute Aussicht in die weite Umgebung hat, errichteten sie eine Kapelle. Heute gebraucht man für zwei in der Nähe befindlichen Riedteile die rumänischen Flurnamen "Dealul Chiliei" (Kapellenberg) und "Paraul Chiliei" (Kapellengraben), die darauf hindeuten. Für das Gebiet jenseits des Eisenbahntunnels, wo einst das untergegangene Dorf gewesen sein soll, benützt man noch den ungarischen Flurnamen "Romocsag" (Nur Trümmer).

In dieser Kapelle wohnte letztendlich ein Mädel, das die acht (deutschen, rumänischen und ungarischen) Siedlungen in der Umgebung durch Ausstecken ihrer Fahnen warnte, wenn ihnen von irgendwo eine Gefahr drohte. Eines Tages wurde es von einem Meeburger tot aufgefunden, ins Dorf am Fuße des Berges gebracht und da auf dem Friedhof begraben. So sollen die Meeburger die Holzfigur Jesu (die sich im Meeburger Flügelaltar befindet) aus der Kapelle - und die Ortschaft den Namen nach dem Mädel erhalten haben&quot.;

Der Meeburger Flügelaltar von 1513 wurde von Johann Stoß, dem Sohn des Nürnberger Bildhauers Veit Stoß, gemalt und stellt die Bildgeschichte der heiligen Ursula dar, welcher zur Erbauungszeit im 15. Jahrhundert die Kirche geweiht wurde. Die Herkunft der Jesusstatue im Mittelschrein (mit der Weltkugel in der Hand) ist heute noch unklar. Nach dem Kunstforscher V. Roth kann sie nicht eindeutig dem erwähnten Bildhauer Veit Stoß zugeschrieben werden, wie die Statuen im benachbarten Radeln; Gisela Richter, die bisher letzte Restauratorin des Meeburger Flügelaltars, meinte, daß die Jesusstatue eine barocke Ersatzfigur ist (tatsächlich sind im Laufe der bewegten Jahrhunderte mehrere Statuetten aus den Nischen des Flügelaltars verschwunden).

Von dem sogenannten Kirchenschatz können der vergoldete, mit Edelsteinen verzierte Silberkelch vom Anfang des 16. Jahrhunderts und die beiden zinnernen Abendmahlskannen mit den eingravierten Jahreszahlen 1661 und 1669 genannt werden.

Das frühere Meeburger Pfarrhaus erwähnte Bischof G.D. Teutsch in seinen Generalkirchenvisitationsberichten vor allem wegen seiner "Solidarität" und seiner "Schönheit". Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es enteignet und diente in der Nachkriegszeit vorwiegend als Lagergebäude der LPG. (Heute ist es unbewohnbar).

Das große Schulgebäude neben der evangelischen Kirche beherbergt heute den Kindergarten und die rumänischen Grundschulklassen.

Laut Statistik lebten 1920 in Meeburg 505 deutsche Einwohner (in den benachbarten deutschen Ortschaften: Arkeden 613, Draas 641, Katzendorf 681, Radeln 478). 1946 wohnten in Meeburg 313 und Ende 1994 noch 12 deutsche Einwohner.

In der Nachkriegszeit wurde Meeburg vor allem den Kunstsammlern immer mehr bekannt, und zwar waren die bemalten sächsischen Möbel unter den Kunstgegenständen am meisten begehrt. Roswitha Capesius schrieb diesbezüglich, daß die Repser Gegend "im 19. Jahrhundert die schönsten und originellsten Möbel (Südsiebenbürgens) hervorbrachte". Als Herstellungsorte nannte sie die Ortschaften Draas, Meeburg, Katzendorf, Deutsch-Kreuz und Seiburg. Heute sind die Meeburger Möbel von Siebenbürgen bis Ontario/Kanada verbreitet - gesucht werden vor allem jene mit dem "Drei-Rosen-Muster", dessen Ursprung Kunstmaler vielleicht an den bemalten Tafeln der Meeburger Kirchenemporen suchen sollten (oder am Wappen des früheren türkischen Gefangenen und späteren Schäßburger Bürgermeisters). G.D. Teutsch erwähnt in der Geschichte der Siebenbürger Sachsen, daß Johann Schuller von Rosenthal in Meeburg Grund besaß. Heute kann man neben dem Meeburger Altar (am Konfirmandengestühl) sein Wappen (ein Arm mit drei Rosen in der Hand), seinen Wahlspruch: "per sinas ad rosas" (Durch die Hecken zu den Rosen) und die Inschrift "J. Schuller, Pro-Consul Schässburg, 1696" erkennen.

Meeburg gehörte verwaltungsmäßig jahrhundertelang zum oberen Schäßburger Stuhl; seit Kriegsende gehört es zum Kreis Kronstadt und dazu seit 1968 zur Zentrumsgemeinde Katzendorf. Geographisch gesehen und aus der Sicht der Mundart gehört Meeburg zum Repser Ländchen.

Meeburger Gemeinschaft heute
Auf die Frage, ob die Meeburger eine ordnungsgemäße "Heimatortsgemeinschaft" (HOG) in Deutschland bilden, würden so manche unterschiedlich antworten. Denn die Meeburger sind eigentlich nicht nach den Satzungen der "HOG" organisiert (mit Vorsitzenden, festen Beiträgen usw.). Die Meeburger Gemeinschaft hat einen Vertreter (in Bayern) und einen Kirchenvater (in Siebenbürgen). Weil sich die meisten Meeburger in den verschiedensten Regionen der Bundesrepublik zusammengefunden haben, gibt es darüber hinaus traditionsbewußte Ansprechpartner ("Nachbarväter"?) der Gruppen in Traunreut, Augsburg, am Bodensee, Stuttgart, Düsseldorf-Köln und Hannover-Braunschweig.

Die Meeburger haben kein regelmäßig erscheinendes Mitteilungsblatt. Zu besonderen Anlässen werden sie über ein Rundschreiben ("Nachbarzeichen"?) durch den Vertreter und die Ansprechpartner sowie über die Siebenbürgische Zeitung benachrichtigt, wie beispielsweise anläßlich des Erscheinens des Meeburger Heimatbuches oder des bisher letzten Meeburger Treffens zu Ostern 1995 in Metzingen bei Stuttgart. (Das erste Meeburger Treffen in der Bundesrepublik fand 1980 in Drabenderhöhe statt).

Diese Organisationsform der Meeburger Gemeinschaft hat sich im Laufe der Jahre, bedingt durch die letzte Aussiedlungswelle in den 90er Jahren, so herausgebildet. (Die erste bekannte Auswanderungwelle der Meeburger erfolgte um 1900 nach Nordamerika).

Deshalb ist es besonders erfreulich, wenn sich so manche Meeburger Nachkommen - die heute in der Bundesrepublik, in Dänemark, Schweden, Kanada, USA und in anderen Ländern wohnen - zu der Meeburger Gemeinschaft zählen (auch wenn sie nicht Meeburgerisch sprechen), zu den veranstalteten Treffen erscheinen, das Meeburger Heimatbuch und die Siebenbürgische Zeitung lesen.

So ist es heute schwer, die Zahl der Meeburger in einer Statistik zusammenzufasssen.



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Dokument: ../orte/meeburg/index.html, Autor: Monika Ferrier, letzte Änderung am 26.07.98 Dirk Beckesch