Hetzeldorf

von Erich Briebrecher

(erschienen in der Siebenbürgischen Zeitung, 31. Juni 1996)

Hetzeldorf, einst ein siebenbürgisch-sächsisches Dorf, liegt in einem südlichen Seitental der mittleren Kokel, zehn Kilometer östlich von Mediasch. Die erste urkundliche Erwähnung geht auf das Jahr 1283 zurück.

Der Ortsname wurde vom mittelrheinischen Namen Hetzel abgeleitet. In der Mundart heißt der Ort Hazeldorf, ungarisch Ecsel und rumänisch Atel, von der mundartlichen Bennenung H/Azel/derf abgeleitet. In der Urkunde des Jahres 1283 heißt das Dorf villa Echelini; seit 1423 wird die hochdeutsche Schreibweise Hetzeldorf verwendet. Von 1315 bis 1557 herrschte in Hetzeldorf das Grafengeschlecht der Thobiassi. Der bedeutendste Graf war Ladislaus, der zeitweise in der Kanzelei des ungarischen Königs Mathias Corvinus diente. Dank Ladislaus' Stellung am Hofe des Königs erhielt Hetzeldorf das Marktrecht und die Strafgerichtsbarkeit mit Schwert und Galgen, eine Rechtslage, die bis in die Neuzeit erhalten blieb. Erst nach dem Untergang der Grafen wurde Hetzeldorf eine freie, sich selbst verwaltende Marktgemeinde der Zwei Stühle: Mediasch und Schelk.

Ein sächsischer Hof in Hetzeldorf

Um 1380 begann der Bau einer spätgotischen Pfeilerbasilika, der einzigen Kirche, die stilmäßig unmittelbar unter dem Einfluß der Stadtpfarrkirche von Hermannstadt steht. Bis 1499 wurde die Kirche mit streckenweise zwei Ringmauern, Wehrtürmen und einer Bastei zur Kirchenburg ausgebaut.

Im Spätmittelalter gab es in Hetzeldorf neun verschiedene Handwerker, die zunftmäßig organisiert waren. Während der Türkenzeit wurde Hetzeldorf mehrmals geplündert und gebrandschatzt. Am schlimmsten aber war die Heimsuchung während des Bürgerkrieges Anfang des 17. Jahrhunderts. 1605 verwüsteten die Anhänger des Fürsten Bocskay das Dorf, sie plünderten die Kirche, legten Brände und metzelten siebzehn Bewohner, die sich gewehrt hatten, nieder.

Die Schule besteht seit 1397, wird aber erstmals 1462 durch die Nennung des ersten Lehrers Sigismund - rektor parohialis - bezeugt. Lange Zeit dienten als Schulgebäude die Räumlichkeiten der Kirchenburg, bis 1872 das erste Schulgebäude errichtet wurde. Infolge der Zunahme der Schülerzahl wurden zwischen den beiden Weltkriegen eine zweite - die sogenannte Neue Schule - und die Staatsschule der Rumänen fertiggestellt. 1925 wurde auch der so dringend benötigte Gemeindesaal erbaut, so daß die Dorfmitte, bestehend aus der Kirchenburg, drei Schulen, dem geräumigen Pfarrhaus und dem großen Gemeindesaal, eine Zierde des geistigen und kulturellen Lebens von Hetzeldorf wurde.

Bedeutende Persönlichkeiten, die für das Dorf und das Sachsenland gewirkt haben, sind:

Andreas von Hetzeldorf, er vertrat 1315 zusammen mit anderen Gesandten vor dem König Karl Robert erfolgreich die Sachsen der Zwei Stühle, die nun in den Geltungsbereich des Goldenen Freibriefes aufgenommen wurden.

Ladislaus Thobiassi erwirkte die oben erwähnte Gerichtsbarkeit und das Marktrecht sowie, daß im Falle eines Aufgebotes ein Drittel der Wehrpflichtigen nicht ins Feld zu rücken brauchte, sondern die Kirchenburg zu verteidigen habe. Für die Allgemeinheit der Sachsen erreichte er die Befreiung von der Pflicht, Kriegswägen zu stellen.

Michael Bayer - Pfarrer in Hetzeldorf von 1635-1653. Auf dem Umschlag eines Kirchenbuches hat er seinen Lebenslauf hinterlassen. Diese Niederschrift gibt Auskunft über den Werdegang eines Lehrers und die Nöte und das Elend der ersten Hälfte des 17.Jahrhunderts.

Franz Obert hat als Pfarrer und Schulleiter die Fortbildungsschule, den Schulgarten und die Freiwillige Feuerwehr eingeführt. 1874 vertrat er die Gemeinde beim Bau der Eisenbahn im Kokeltal und erreichte die Anlegung des Bahnhofes für Hetzeldorf und so auch für die umliegenden Gemeinden. Auch war er ein mutiger und erfolgreicher Reformer und Volkserzieher des Sachsenlandes.

Die Seelenzahl Hetzeldorfs entwickelte sich im Laufe der Zeit, gemäß der Lebensumstände wie folgt: Bis zum 16.Jahrhundert gibt es keine sicheren Daten. 1516 hatte Hetzeldorf 740 Einwohner, bis 1532 stieg die Einwohnerzahl auf über 800 Seelen, um durch die Wirren der Kuruzenkriege auf 690 zu fallen. Begünstigt durch die Friedenszeit des 18. Jahrhunderts stieg die Zahl der Einwohner 1787 auf 1080 Personen, 1850 waren es 1591, 1940 erreichte die Seelenzahl ihren höchsten Stand von 2080 Personen. 1975 lebten in Hetzeldorf noch 1892 Einwohner. Zur Zeit (Juni 1996) gibt es in Hetzeldorf noch etwa 50 deutsche Seelen, da durch die Aussiedlung in den 70er, 80er und 90er Jahren fast alle Hetzeldorfer in Deutschland seßhaft geworden sind.

Hier im Bundesgebiet kann man die meisten Hetzeldorfer in der Wetterau im Raum Butzbach, im Neckarraum von Bietigheim und Heilbronn, in Oberschwaben im Raum Pfullendorf und Bodensee sowie in Bayern im Raum Ingolstadt, Landshut und Traunreut finden. 1983 wurde auf dem vierten Treffen die HOG Hetzeldorf gegründet, die sich als fünfte Nachbarschaft bezeichnete, um die Verbindung und Hilfeleistung herzustellen. Am 24. bis 25. Juni fand in Heilbronn das neunte Hetzeldorfer Treffen statt. Es wurde festgestellt, daß die Bezeichnung 5.Nachbarschaft nicht mehr den gegenwärtigen geänderten Tatsachen entspricht. Unter der Bezeichnung "Gemeinschaft der Hetzeldorfer in Deutschland" wird die HOG Hetzeldorf durch drei Gebietsnachbarschaften in Ingolstadt, Bietigheim und Butzbach ihre gemeinschaftstiftende Arbeit weiterführen. Dank ihrer Heimatverbundenheit werden die Hetzeldorfer ihre Unterstützung und Hilfe für die noch in der Heimatgemeinde lebende Landsleute fortsetzen, bis zu deren unausweichlichem Ende in Siebenbürgen.



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Dokument: ../orte/hetzeldorf/index.html, Autor: Monika Ferrier, letzte Änderung am 12.07.98 Dirk Beckesch