Großpold

von Christa Wandschneider und Martin Bottesch

(erschienen in der Siebenbürgischen Zeitung, 15. August 1996)

Auf halbem Weg an der Landstraße zwischen Hermannstadt und Mühlbach gelegen, hat Großpold (rumänisch Apoldu de Sus, ungarisch Nagyapold) bis ins 19. Jahrhundert politisch zum Reußmarkter Stuhl und kirchlich zum Unterwälder Kapitel gehört. Die heute für Großpold oft gebrauchte Bezeichnung "Landlergemeinde" rührt, wie auch im Falle von Neppendorf und Großau, davon her, daß im 18. Jahrhundert in dieser Ortschaft österreichische Protestanten ("Landler") angesiedelt wurden, deren Mundart und Tracht sich neben jenen der Siebenbürger Sachsen bis in die Gegenwart erhalten haben.

Erstmals wird Großpold in einer Urkunde des Jahres 1288 erwähnt, in der "Paulus Plebanus de Apoldya" genannt wird. 1291 kommt neben "Opold Superiori" zum ersten Mal die deutsche Bezeichnung "Oberpold" vor und zugleich der Name des damaligen Großpolder Gräfen: Henning, der Sohn Werners. Aus Urkunden des 14. Jahrhunderts gehen nicht nur die Namen weiterer Großpolder Gräfen und Plebane hervor, sondern - da sich die Schriften zuweilen auf Grenzstreitigkeiten mit Nachbardörfern beziehen - auch die Ausdehnung des Hatterts. Dieser reichte südöstlich bis zum Dorf Tilisca, während das Dorf Rod gänzlich auf Großpolder Hattert lag.

Bei der Bevölkerungszählung von 1488 wurden in "Apoldt Superior" 71 Wirte, 3 "wüste" Häuser, vier Arme, ein Schulmeister (erste Erwähnung der Großpolder Schule!) und "allenthalben Hirten" verzeichnet. Großpold war zu dieser Zeit die größte Ortschaft des Reußmarkter Stuhles. Es folgten Urwegen (64 Wirte), Dobring (61), Logdes (45) und dann erst der Stuhlvorort Reußmarkt mit 40 Wirten.

Zum Unterschied vom Stuhlvorort Reußmarkt hatte Großpold kein Marktrecht. Trotzdem begann man, um die Mitte des 16. Jahrhunderts sonntags "nach der Predigt" in Großpold einen Wochenmarkt abzuhalten. Die Reußmarkter, die bestrebt waren, die Bedeutung ihres eigenen Marktes zu wahren, forderten 1615 das Verbot des Großpolder Wochenmarktes (zunächst vor der Stuhlversammlung, dann bei der Nationsuniversität).

Schwere Zeiten blieben Großpold nicht erspart. Drückende Steuern und Mißernten führten 1672 zum Gemeindebankrott. Wiederholte Male mußte gegen Ende des 17. Jahrhunderts die verschuldete und zahlenmäßig geschrumpfte Gemeinde um Steuernachlaß bitten. 1693 standen 12 Höfe "wüst", 18 von insgesamt nur noch 40 Wirten hatten keine Ochsen mehr. Schon einige Jahre zuvor hatten die Pfarrer von Großpold, Dobring und Urwegen in einer Schrift an die Nationsuniversität auf die Gefahr der gänzlichen Auflösung ihrer Gemeinden, die "zur Flucht sich neigen", hingewiesen. In den vorigen Jahrhunderten hatten die benachbarten Gemeinden Tschappertsch, Kleinpold und Logdes sämtliche sächsischen Einwohner verloren. Erst nach den Kurutzenunruhen Anfang des 18. Jahrhunderts begann sich Großpold langsam zu erholen; 1738 starben allerdings 56 Personen an der Pest.

Als den "hellsten Lichtpunkt des neuerblühenden Gemeinde-Lebens" bezeichnet David Krasser (1870) die Ansiedlung von aus Österreich deportierten Lutheranern in Großpold, für die sich später der Name "Landler" einbürgerte. Weil das Herrscherhaus bestrebt war, in Österreich nur katholische Untertanen zu haben, hatte es die Christen, die sich von der evangelischen Lehre nicht lossagen wollten, ins entfernte Siebenbürgen abgeschoben. Großpold erhielt - offenbar mit dem Einverständnis der dort ansässigen Sachsen - in den Jahren 1756-1758 etwa 300 neue Siedler. Anfangs zahlenmäßig gleichstark mit den Sachsen, behaupteten sich die "Landler" bald in jeder Hinsicht.

Im 19. Jahrhundert erstarkte Großpold bevölkerungsmäßig und wirtschaftlich. Die alte sächsische Kirchenburg wurde abgetragen und eine neue, größere Kirche wurde errichtet. Kirchturm, Pfarrhaus, Schule und schließlich 1902 das evangelische Gemeindehaus wurden neu gebaut. Durch die gemeinsame Leistung wuchs die Gemeinde zusammen.

Obwohl Großpold schon 1656 das Recht erhalten hatte, Handwerker aufzunehmen, scheint durch die Ansiedlung der Landler auch das Handwerk neu belebt worden zu sein. Einer Großpolder Landlerfamilie entstammt auch Andreas Rieger, der 1865 in Hermannstadt eine Schmiedewerkstatt einrichtete und später die "Erste Siebenbürgische Landmaschinenfabrik" (die bekannte "Rieger-Fabrik") begründete.

Im Jahr 1940 hatte Großpold 1936 deutsche Einwohner und 1050 nichtdeutsche, davon ein Drittel Rumänen und zwei Drittel Zigeuner. Ende 1989 gab es in Großpold noch rund 1200 Deutsche, Ende 1995 sind es 141. Um den Boden zu bearbeiten, den sie 1991 infolge des Bodengesetzes und der Auflösung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) teilweise zurückerhalten hatten, gründeten die deutschen Bauern einen landwirtschaftlichen Verein. In Dechant Friedrich Feder hat Großpold noch einen eigenen evangelischen Pfarrer. In der Schule gibt es eine deutsche Abteilung von der ersten bis zur achten Klasse, die von deutschen und rumänischen Kindern auch aus umliegenden Ortschaften besucht wird.

HOG Großpold
1982 fand das erste Großpolder Treffen statt, das von Elisabeth Wandschneider, Katharina Theil und Johann Hientz organisiert wurde. Sein Erfolg ließ den Wunsch aufkommen, die Großpolder Treffen zu einer festen Einrichtung zu machen. 1988 übernahm Hans Rieger deren Organisation.

Gleichzeitig war man bemüht, die in der Heimat verbliebenen Großpolder zu unterstützen. Gemeinsam mit dem Hilfskomittee der Siebenbürger Sachsen wurden über 200 Pakete für Hilfsbedürftige nach Großpold geschickt. Auf Initiative der HOG und mit Unterstützung des Diakonischen Werkes der EKD wurde 1991 ein elektrisches Glockengeläute für Großpold gekauft, teilweise auch durch Spenden unserer hiesigen Landsleute.

Seit 1994 werden die Treffen von einem gewählten Vorstand organisiert. Trotz großer Entfernungen kommen die Großpolder in zweijährigem Turnus zusammen. Unsere Landsleute leben vorwiegend in Deutschland, aber auch in Österreich, England, Amerika und Australien. Die ausgewanderten Großpolder pflegen einen engen Kontakt zum Heimatdorf, erwähnenswert sind dabei die Treffen von 1993 und 1995, die in Großpold vom dortigen Presbyterium organisiert wurden. Spenden der HOG-Mitglieder werden auch zur Friedhofspflege in Großpold eingesetzt.

Seit 1990, als im oberösterreichischen Bad Goisern mit den Vorarbeiten zu einem "Landlermuseum" begonnen wurde und bis zu dessen Übergabe an die Marktgemeinde im Sommer 1995, war die HOG Großpold ein wichtiger Ansprechpartner für die Gründer und Gestalter des Museums.

Es ist geplant, in absehbarer Zeit eine Ortsmonographie von Großpold zu erstellen. Denjenigen, die uns Beiträge geliefert bzw. Dokumentationsmaterial geschickt haben, danken wir, und bitten alle, die weitere schriftliche Zeugnisse oder besondere Bilder besitzen, sie uns zur Verfügung zu stellen.



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Dokument: ../orte/gr_pold/index.html, Autor: Monika Ferrier, letzte Änderung am 05.08.98 Dirk Beckesch