HZ Nr. 1555/ 30.12.1997

Severin geht, Plesu kommt

Außenminister tritt wegen Agentenaffäre zurück

Andrei Plesu ist Rumäniens neuer Außenminister. Der bekannte Kunstkritiker, Essayist und Publizist (u. a. gibt er das Wochenblatt Dilema heraus) und ehemalige Kulturminister unter Petre Roman wurde von der Demokratischen Partei (PD) nominiert, nachdem Adrian Severin, PD-Vorstandsmitglied, kurz vor Weihnachten um seinen Rücktritt angesucht hatte.

Severin ist zurückgetreten, weil ihn Präsident Emil Constantinescu aufgefordert hatte, die politischen Konsequenzen aus der sogenannten Agentenaffäre zu ziehen. Severin hatte vor drei Monaten in einem Zeitungsinterview erklärt, "zwei, drei" Parteichefs und Zeitungsdirektoren stünden im Dienste ausländischer Mächte. Nun stellten die rumänischen Nachrichtendienste SRI und SIE fest, daß zwar in Rumänien spioniert werde, daß aber die von Severin gemeinten, aber öffentlich nicht genannten Personen nicht der Spionage beschuldigt werden könnten. Er sei enttäuscht von der Aufklärungsarbeit der beiden rumänischen Nachrichtendienste und werde hinfort als Abgeordneter selbst Licht in die Angelegenheit bringen, erklärte der scheidenden Außenminister. Laut einigen Kommentatoren geschieht es im postkommunistischen Rumänien zum ersten Mal, daß eine hochrangige politische Persönlichkeit sich für ihre Erklärungen verantworten muß.

Severins Nachfolger Andrei Plesu wurde 1948 in Bukarest geboren. Er studierte Kunstgeschichte und -kritik in Bukarest und zeitweilig, als Humboldt-Stipendiat, auch in Deutschland. Adrian Nastase, der Außenminister war, als Andrei Plesu das Kulturressort leitete (1990 und 1991), bezeichnete diesen als "einen Mann, der in den Beziehungen Rumäniens zu Deutschland ein gewichtiges Wort zu sagen haben wird".

 

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Dokument: ../hz/1555_4.htm, letzte Änderung 29.01.97, Autor: Michael Kothen