HZ Nr. 1524/23.05.1997
Die Regierung Ciorbea hat das Heft in die Hand genommen: Die zehn meistverschuldeten Großbetriebe werden geschlossen, damit sie nicht noch weitere Verluste produzieren können. Auf Drängen der Weltbank, endlich etwas zur Verringerung der Verluste zu tun, wurde der staatliche Anteil an der Raffinerie Petromidia (an der Schwarzmeerküste) auf die Schnelle zur Versteigerung ausgeschrieben. Eine Stunde vor Ablauf der nur neuntägigen Bewerbungsfrist, als schon Angebote vorlagen, wurde der Termin verschoben. "Noch einige derartige Schüsse. auf die Torlatte, und der gute Wille der westlichen Partner ist weg", erklärte Bogdan Baltazar, Vizepräsident der Treuhandgesellschaft FPS. Der angeblich autonome, aber in Wirklichkeit der Regierung unterstellte Fondul proprietatii de stat (FPS) ist mit 70 Prozent Hauptaktionär von Petromidia.
Auf der erwähnten Zehnerliste von Premierminister Victor Ciorbea steht kein einziger Betrieb aus dem Kreis Hermannstadt. Dipl.-Ing. Nicolae Cornan (55), Sachverständiger der FPS Zweigstelle Hermannstadt teilte der Hermannstädter Zeitung mit, daß mit Ausnahme der maroden Heltauer Teppichfabrik Covtex und der großen Landwirtschaftsbetriebe, alle Unternehmen im Kreis Dividenden ausschütten, d.h. profitabel arbeiten. Die Treuhandgesellschaft FPS ist nach wie vor Hauptaktionär der meisten ehemals staatlichen Unternehmen; sie sitzt zu 20 bis 70 Prozent in den Verwaltungsräten und kassiert im selben Verhältnis Dividenden.
Erfunden wurde der FPS, um die Staatsbetriebe an private Bieter zu verkaufen. Das funktioniert manchmal sogar. Im Monat Mai wurden die staatlichen Anteile (40 Prozent) an der Hermannstädter Ziegelfabrik CEMA (vorher Record) als Aktienpaket von einem Bauunternehmen ersteigert. Hingegen fand sich für die Aktien der Messerfabrik in Salzburg (Ocna Sibiului) bisher kein Interessent.
An den Ausschreibungen können sich Privatpersonen sowie in- und ausländische Rechtspersonen beteiligen. Der Versteigerung liegt ein Schätzwert zugrunde der im Jahre 1995 festgelegt wurde und auf den heutigen Geldwert hochgerechnet wird.
Man fragt sich, wieso vieles so schlecht ist, wenn doch - zumindest im Kreis Hermannstadt - alles so gut geht? Eine teilweise Antwort auf diese Frage liefert die Lage der ehemaligen Staatsfarmen (IAS). Diese landesweit 490 landwirtschaftlichen Großbetriebe hatten am 31. März 1997 zusammen 2.664 Milliarden Lei Schulden. Diesem unhaltbaren Zustand soll nun durch Auflösung der meistverschuldeten Gesellschaften ein Ende gemacht werden. Der Boden soll an die bisherigen Aktionäre abgegeben oder verpachtet werden.
Diese Maßnahme betrifft landesweit 75 landwirtschaftliche Unternehmen, darunter auch vier aus dem Kreis Hermannstadt: Hapomex Stolzenburg, Agrimex Kleinscheuern, Agricola Elisabethstadt und Agrobazn Baaßen. Dazu und zur Frage, wie die angehäuften Schulden getilgt werden, kann Dipl.-Ing. Coinan zur Zeit noch keine verbindliche Aussage machen. Vielleicht wird die Entscheidung aufgeschoben - bis nach der Ernte.
Wolfgang FUCHS
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