HZ Nr. 1516/ 21.03.97


Absichtserklärungen, nichts weiter

Bukarester Minister verspricht rückkehrwilligen Rumäniendeutschen die Rückgabe von Haus, Hof und Grundbesitz

Eine Äußerung des rumänischen Informationsministers Radu Boroianu, abgedruckt in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, hat für einiges Aufsehen in den rumäniendeutschen Kreisen des Auslands und zu mehrfachen Rückfragen beim Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien und anderen Stellen geführt. Boroianu habe, so die FAZ-Sonntagszeitung, allen nach Deutschland ausgewanderten Rumäniendeutschen die Rückkehr in die alte Heimat angeboten Der rumänische Minister habe gesagt, so das Frankfurter Blatt, "wer nach Rumänien zurückkomme, werde sein Haus, seinen Grund und Boden und sein gesamtes Eigentum zurückerhalten". Er mache dieses Angebot im Namen seiner Regierung.

Das Blatt zitierte den rumänischen Informationsminister er habe den Verkauf der Rumänienendeutschen Ausreisewilligen vor 1989 eine "kriminelle Aktion Ceausescus" genannt und sich besorgt gezeigt "wenn die deutsche Minderheit jetzt nicht durch Rückwanderer aufgefrischt werden drohe sie ganz zu verschwinden. Dies wäre nach Ansicht des Ministers, so die Sonntagsausgabe der Frankfurter A11gemeinen Zeitung, "ein schwerer Verlust für Rumänien". Die Zitate sind Formulierungen des Frankfurter Blattes, das nur an zwei Stellen Boroianu wörtlich zitiert: "Sie (die rückkehrwilligen Rumäniendeutschen) sollen bekommen, was ihnen zusteht" nämlich ihr ehemaliges Eigentum und: "Wir haben den Wunsch, daß möglichst viele Auswanderer zurückkehren."

Die zahlreichen Anfragen auf die Äußerungen des rumänischen Ministers betreffen sein im Namen der Regierung gegebenes Versprechen, die zurückkehrenden Sachsen und Schwaben würden ihr gesamtes früheres Eigentum, ausdrücklich auch Haus, Hof und Grundbesitz, zurückbekommen. Dafür aber gibt es in Rumänien zur Zeit keine Rechtsgrundlage außer dem Bodengesetz von 1991 und dem Häusergesetz von 1995, die beide den Erwartungen zurückkehrender Emigranten nicht entgegenkommen, ja nicht einmal die Erwartungen der Bevölkerung im Land befriedigen.

Radu Boroianu hatte während seines Deutschland-Aufenthalts in der Vorwoche Gespräche in Bonn auch mit den Landsmannschaftsvorsitzenden Volker Dürr (Siebenbürger Sachsen) und Jakob Laub (Banater Schwaben). Diese sprachen den rumänischen Politiker auf den Minderheitenschutz an, auf die Beteiligung des rumänischen Staates an der Sicherung und Erhaltung des rumäniendeutschen Kulturgutes und - nota bene - auf die Rückgabe des enteigneten gemeinschaftlichen und persönlichen Eigentums der Rumäniendeutschen. Gegenüber den beiden Vertretem der ausgewanderten Sachsen und Schwaben - so Hannes Schuster von der Siebenbürgischen Zeitung auf eine Anfrage der Hermannstädtcr Zeitung - hat der Minister aus Bukarest mit keinem Wort erwähnt, was er einige Tage später der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erklären sollte: Daß alle Rückkehrer ihr Eigentum wiedererhalten wurden! Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) hat eine Pressenotiz herausgegeben, worin es sich von Boroianus Aussagen überrascht erklärt. Zwar entsprächen sie "durchaus den Vorstellungen, die von seiten des DFDR wiederholt öffentlich und vor Regierungsvertretern zur Sprache gebracht wurden", doch sei den Vertretern der deutschen Minderheit "bisher noch nichts von Beschlüssen der rumänischen Regierung bekannt die für eine Rückkehr von Rumäniendeutschen - es wurde sich gewiß nicht um Massenbewegungen handeln - die notwendigen gesetzlichen Grundlagen abgeben könnten". Die Schaffung dieser Grundlagen, meint das Forum, "dürfte sich angesichts dessen, wie sich die Verhältnisse in Siebenbürgen, im Banat und im Sathmarer Land inzwischen entwickelt haben, nicht leicht sein, und müßte mit viel Mut und größter Sorgfalt erst angegangen werden". Das Forum sieht die Regierung in die Pflicht genommen, denn es hält Boroianus Äußerungen für "Absichtserklärungen, die in die richtige Richtung weisen", aber jetzt der detaillierten Ausarbeitung bedürfen" An dieser Ausarbeitung will das DFDR beteiligt werden, hat Dr. Paul Philippi dem Informationsminister brieflich mitgeteilt.

Die voreiligen Versprechungen Radu Boroianus erinnern an die Äußerungen, die der Premierminister Victor Ciorbea vor seinem kürzlich erfolgten Besuch in Budapest getan hatte. Er hatte erklärt, es werde in Klausenburg wieder eine ungarische Universität geben, die "Bolyai"-Universität (die bis 1959 selbständig existiert hatte und dann mit der rumanischsprachigen "Babes"-Universität zusammengeschlossen worden war). Die Nachricht traf die Universitätsleitung wie der Blitz aus heiterem. Himmel: Der Rektor erklärte sich ahnungslos und berief eine Krisensitzung ein, zwei seiner Prorektoren drohten mit dem Rücktritt, aus dem rumänischen Blätterwald wehte Unmut entgegen. Daß Ciorbeas Ankündigung nicht abgesprochen war und keinen politischen Rückhalt hatte, merkte man, als Staatspräsident Emil Constantinescu kurz darauf erklärte, er sei gegen eine Teilung der Klausenburger Universität. Ciorbea hatte bei den Ungarn für Schönwetter sorgen wollen, sein Minister Boroianu wollte es bei Deutschen und Rumäniendeutschen tun - in bester Absicht sozusagen, weil aus momentaner innerer Überzeugung, aber mit der größten politischen Leichtfertigkeit


Horst WEBER


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Dokument: ../hz/1516_1.htm, letzte Änderung 21.12.97, Autor: Michael Kothen