HZ Nr. 1509/ 31.01.97

Hahnemann, Hermannstadt und die Homöopathie

"Similia similibus curantur" ist das Prinzip der Homöopathie, d.h. "Gleiches mit Gleichem heilen" oder wie der Rumäne sagt: "Cui pe cui se scoate." Gründer dieses Heilverfahrens war der Arzt Samuel Hahnemann, der es vor zweihundert Jahren, 1796, zum ersten Mal formulierte. Hahnemann verbrachte während seiner Studienzeit anderthalb Jahre (Herbst 1777 - Frühjahr 1779) in Hermannstadt als Bibliothekar und Leibarzt Barons von Brukenthal.

Besucht man das Museum für Pharmaziegeschichte in Hermannstadt, so erblickt man im letzten Raum ein imposantes Gemälde, das den Gründer der Homöopathie, Samuel Christian Friedrich Hahnemann (1755 - 1843) darstellt, neben einer von der Menge her eher bescheidenen Ausstellung von Homöopathika (darunter sind auch zwei sehr wertvolle Exponate). Es leben manche in der Vorstellung, diese Apotheke sei ehedem eine homöopathische gewesen, ja vielleicht sogar die Wiege der Homöopathie. Es schreiben sogar Buchautoren, Hahnemann sei ein Hermannstädter Arzt gewesen. Es glauben viele, Homöopathie sei ungefähr dasselbe wie Phytotherapie (Pflanzenheilkunde). Es kursieren auch andere vielleicht weniger wilde, doch um so pikantere Gerüchte. Hiermit wollen wir etwas Ordnung in diese wirre Datensammlung bringen.

Zunächst einmal möchte ich den Begriff "Homöopathie" abstecken. Dieses Heilverfahren ist eine Alternativmethode der Schulmedizin aber nicht ein Naturheilverfahren im dem Sinne, da nur Mittel die direkt der Natur entnommen wurden, Anwendung finden. (Es gibt z.B. die homöopathische Verarbeitung des Phenobarbitals, ein durchaus synthetischer Wirkstoff.) Die Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) unterwirft sich nicht dem Prinzip der Homöopathie, da sie ein Symptom mit dem gegensätzlichen Mittel behandelt (krampflösende Anis- oder Fenchelpräparate in Bauchgrimmen, purgierende Faulbaumrindextrakte in Verstopfungen; entzündungshemmende Kamillen- oder Ringelblumenumschlöge in Wundbehandlungen usw.). Die Herstellung verschiedener Präparate geschieht auf streng wissentschaftlicher Basis und deren Wirkung ist ebenfalls nachgewiesen worden.

Doch nun näheres zum Prinzip "Similia similibus". Hahnemann stellte fest, das ein Stoff in einer starken Verdünnung die Symptome bekämpfen kann, die er in einer höheren Dosis beim gesunden Menschen hervorruft. Die Erkenntnis gewann er anhand der Chinarinde, die man zur Behandlung des Wechselfiebers benützte. Er schluckte in gesundem Zustand eine größere Menge davon und bekam dieselben Symptome wie die der Malaria. Daraus schloß er, die Verdünnnung oder die kleinere Menge dieses Mittels sei deshalb gegen Wechselfieber wirksam, weil die größere Menge beim gesunden Menschen Fieber hervorruft.

Seine Beobachtungen erweiterte er dann auch über andere Wirkstoffe und zieht auch allgemein bekannte Tatsachen heran, um sein Prinzip zu bestärken: "Kuhpocken verhüten eine schwerere Krankheit, die Menschenpocken"; "der Kaffee erregt in großer Gabe Kopfschmerzen und Kopfschmerzen stillt er daher in kleinen Gaben." Freilich stimmen diese Tatsachen, doch damals wußte man nicht, daß sie ganz verschiedener Natur sind und nicht das Wesen der Krankheit ausmachten: Kuhpocken verhüten Menschenpocken aufgrund der Stimulierung der Immunität und Kaffee wirkt in steigender Dosierung verschieden: zuerst anregend, wobei man die Kopfschmerzen, die man aus anderen Ursachen hatte, vergißt und dann wirkt er toxisch so daº man Kopfschmerzen anderer Natur bekommt.

Der Ansatz, aus dem Hahnemann seine Theorie entwickelte war ein revolutionär-fortschrittlicher: die praktizierende Medizin wandte recht zweifelhafte, ja lebensgefährliche Therapien an, wie Arsenik- oder Quecksilberbehandlungen, oder gar den Aderlaß, der auch unter Prominenten seine Opfer forderte. 1792 war es gerade Kaiser Leopold II, dem ein Aderlaß das Leben forderte. Hahnemann entbrannte damals in heiligen Zorn gegen die Stümperei seiner Kollegen. Vier Jahre später veröffentlichte er zum ersten Mal seine Theorie ("Versuch über ein neues Prinzip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneisubstanzen, nebst einigen Blicken auf die bisherigen", 1796). Einem Leiden könne man dieser zufolge auf mehreren Wegen begegnen:

  1. "der über alle Kritik erhabene" Weg, der die Ursache des Übels aus der Welt schafft. Doch gerade diese Ursache war vor allem durch die damaligen Methoden fast unmöglich festzustellen;
  2. "Beschwerden durch Mittel, die das Gegenteil bewirken" zu bekämpfen. Die Gefahr dabei besteht darin, daß "das Übel unter dieser Tänche tiefere Wurzel faßt". (z.B. wenn man Schmerzen mit Mohnsaft behandelte, konnte sich das die Schmerzen verursachende Infekt ungehindert ausdehnen) - diesen Weg bezeichnet Hahnemann als den allopathischen: "Contraria contrariis"
  3. "spezifische Mittel" zu finden, die die Quelle des Leids behandeln sollen (ohne sie zu kennen). Zu diesem Zweck, müßte man "rationell und geflissentlich" die spezifische Wirksamkeit der Arzneimittel am gesunden menschlichen Körper erproben. Gegen die Symptome, die das Mittel bei Gesunden in therapeuthischer Dosis hervorruft, könnte man es dann potentiert einsetzen.

Wie wir sehen ist der Ansatz aus dem die Homöotherapie entstand durchaus logisch und entspricht den heutigen medizinischen Anschauungen (Behandlung der Ursache). Doch schon die "Forschmethode", Mensch als Versuchsobjekt, war ziemlich gefährlich, denn zwischen therapeutischer, toxischer und letalen (tödlichen) Dosis ist oft nur ein kleiner Unterschied. Allerdings sind die potenzierten Pröparate dann weitgehend ungefährlich. Potenzieren bedeutet verdünnen und verschütteln. Der Ausgangsstoff wird mit neun Teilen Lösungsmittel (Wasser, Alkohol oder Milchzucker) vermischt und nach bestimmten (46 an der Zahl) Regeln geschüttelt - eine davon ist, dem Rhythmus des Herzschlags zu folgen. Das ist dann die erste Dilution, D1. Ein Teil dieser Lösung wird wiederum mit 9 Teilen Lösungsmittel verdünnt und verschüttelt und das stellt die zweite Dilution, D2, dar. So fährt man fort und erhält dritte, vierte bis zur zwölften und noch mehr Dilutionen. "Je schwächer der Stoff, desto größer die Wirkung" heißt es pauschal, doch ein rechter Homöopath verschreibt jedem Kranken die für ihn richtige Dilution des zu ihm passenden Stoffes. Um zu erfahren, was paßt, muß der Arzt den Patienten genauestens nach seinem Leiden, Denken und Gewohnheiten befragen. - Und dieses ist der große Pluspunkt der homöopathischen Therapie: der Arzt muß sich Zeit für den Patienten nehmen. - Sogar das Ausehen des Patienten spielt eine Rolle. Wenn es sinnvoll erscheint im Falle einer Schlaflosigkeit Belladonna zu verordnen, sofern diese von Lichtempfindlichkeit begleitet wird und Coffea soweit sie infolge von Überarbeitung erscheint, so ist es nicht nachvollziehbar, warum bei blonden Menschen eher Goldpräparate verschrieben werden sollen.

Wissenschaftlich konnte weder Hahnemann noch irgendeiner seiner Anhänger bis heute einen Beweis bringen, warum solchermaßen zubereitete und angewendete Arzneimittel wirksam sind. "Der wahre Erfolg der Homöopathie zeigt sich nicht im Labor, sondern in der Akzeptanz bei den Patienten" behaupten Vertreter der Deutschen Homöopathie-Union (Focus, 42,1996). Und das mag stimmen, denn die Preise dieser Mittel sind auch spürbar geringer. Ausserdem sind sie nicht verschreibungspflichtig, denn da sie so verdünnt sind, können sie nicht toxisch sein (wohl aber Allergie hervorrufen!)

Hahnemann war sich der unzulänglichen Erklärung für die Wirksamkeit seiner Theorie bewußt. Für ihn war der andere Weg, der der Beseitigung der Ursachen, der bessere. Und diesem Weg folgt die heutige Medizin weitgehend. Hahnemann hätte sie bestimmt nicht verworfen, wie es mancher seiner fanatischeren Nachfolger heute tut. Und er würde sicherlich auch davor warnen, zugunsten einer homöopathischen auf die ätiologische (ursächliche) Behandlung zu verzichten.


Wer war dieser Mensch eigentlich?

HAHNEMANN war ein Sachse aber kein Siebenbürger. Er kam 1755 in Meißen zur Welt und wuchs unter der Obhut eines strengen doch bildungsfördernden Vaters heran. Er begann sein Medizinstudium in Leipzig. Seinen Unterhalt verdiente er dadurch, daß er einem jungen, reichen Griechen aus Jassy in der Moldau Französisch- und Deutschunterricht erteilte und aus dem Englischen übersetzte, wie er in seiner Selbstbiographie erzählt. Weil er seinen Beruf auch praktisch erlernen wollte, zog Hahnemann nach Wien, wo er im Spital der Barmherzigen Brüder in Leopoldstadt unter der Leitung des "großen praktischen Genies", dem Kaiserlichen Hofmedikus Professor Dr. Freiherr von Quarin arbeitete. In derselben Selbstbiographie widmet Hahnemann diesem Arzt viele warme, dankbare Worte. Ihm verdankt der Gründer der Homöopathie das, "was Arzt an mir genannt werden kann".

Nach einem Dreivierteljahr gingen Hahnemanns finanzielle Reserven bedrohlich zur Neige. Es traf sich, daß Baron von Brukenthal sich anläßlich seiner Ernennung zum Governeur Siebenbürgens gerade in Wien aufhielt. Prof. Quarin empfahl ihm seinen jungen Schützling, den er offensichtlich sehr schätzte. Im Herbst desselben Jahres folgte unter "ehrenwerten Bedingungen" der Medizinaspirant dem frischgebackenen Gouverneur als Bibliothekar und Leibarzt nach Hermannstadt.

Zwei Wochen nach seiner Ankunft in Siebenbürgen wurde Hahnemann in die Hermannstädter Freimaurerloge "St. Andreas zu den drei Seeblättern im Orient" aufgenommen. Seine Biographen rechnen dieses dem jungen Burschen sehr hoch an. Doch wenn man die Geschichte der Loge näher betrachtet, so wird man folgendes feststellen: die 1767 unter größter Verschwiegenheit von neun Mitgliedern gegründete Loge hatte neun Jahre im Geheimen existiert. Erst nach dem 1776 das Constitutionspatent erhalten worden war, trat pulsierendes Leben ein. Die Loge verstand sich als "Erziehungsanstalt zur Humanität für Männer", wie es dem "Gesetz- und Ritualbuch" zu entnehmen ist. Wenn in den ersten neun Jahren gar keine neuen Mitglieder aufgenommen wurden, so waren es bis August 1777 gleich 31. Diese beschlossen, sich eigenmächtig zu einer Altschottischen Loge zu ernennen, was dem Kapitel in Wien überhaupt nicht recht war. Die Feier der Errichtung dieser höheren Loge fand im Hannamannischen Hause in Großau statt. Entgegen dem Verbot des Kapitels in Wien, wurden demonstrativ neue Mitglieder aufgenommen und die schon vorhandenen zu höheren Graden befördert. Parallel dazu wurde die Hilfe des einflußreichen Herzogs von Braunschweig und Lüneburg erbeten, der sie auch gewährte, so daß 1778 die Altschottische Loge bestätigt war. - Alles in allem, war man im Oktober 1777 nicht sehr wählerisch mit den neuen Mitgliedern. Daß Hahnemann keine besondere freimaurerische Begeisterung an den Tag legte, erkennt man daran, daß er in der ganzen Zeit, die er in Hermannstadt verbrachte, nie den ersten Grad, denjenigen des Lehrlings, überschritt, obwohl alle, die vor oder nach ihm aufgenommen wurden, schnell in der Hierarchie aufstiegen und innerhalb von Monaten den III oder sogar IV Grad erreichten (also Meister oder schottischer Meister). Dieses galt auch für Brüder niedrigerer Herkunft wie Tischler oder Sattler.

Und wenn er nicht in der Freimaurerloge Humanist geworden ist, so hat sich Hahnemann sicher an der Brukenthal'schen Bibliothek schadlos gehalten. An der Seite des Neffen des Barons, Soterius von Sachsenheim, trug Hahnemann zu der Erstellung eines Bücherkatalogs bei, der bis heute in der Bibliothek des Museums erhalten geblieben ist. Wohlbestückt mit naturwissenschaftlichen wie philosophischen und literarischen Werken bot diese Bibliothek dem wißbegierigen Studenten wahrhaftig genügend intellektuelle Nahrung. Mirabeaud, Diderot oder Lessing konnte er hier antreffen; andere Autoren wie Paracelsus, Stahl waren ihm in der "Hermannstädter Kapellen Bibliothek" zugänglich. Die Wirkung dieser Lektüren auf Hahnemanns Persönlichkeit ist in seiner späteren Denkweise zu erkennen.

Von medizinischem Standpunkt scheint Hahnemann weniger vom praktizierenden Stadtphysikus gelernt zu haben als vielmehr aus der Volksheilkunde. In einem späteren Werk ("Anleitung, alte Schäden und faule Geschwüre zu heilen", 1784) zitiert er den Fall eines Mädchens, dessen eiternde Geschwüre an Armen und Beinen er erfolglos nach den klassischen Methoden behandelte. Er erfuhr, daß das Mädchen genas, nachdem es auf Anleitung eines alten Bauern täglich Bäder im Zibin nahm. (Achtung!! heute tut man besser daran, den Zibin zu vermeiden, um keine Ausschläge zu bekommen!). In seiner Arztpraxis wird Hahnemann dann auch die Außenbehandlung, zu der neben kalten Bädern auch die Bewegung an der frischen Luft oder aktives gesellschaftliches Leben gehören, anwenden.

Aus Dankbarkeit dichtet er seinem Wohltäter eine Ode, die er eigenhändig neben der deutschen Form in griechischer und lateinischer Übersetzung niederschreibt. Brukenthal verwahrte sie wohl, so daß sie bis heute dem gleichnamigen Museum erhalten geblieben ist. Nach seiner Abreise findet sich kein Brief mehr von Hahnemann an Brukenthal. Böse Münder flüstern sich zu, daß der junge Student eine unlöbliche Beziehung zu einer der Damen der Familie hatte, doch belegt ist gar nichts.

Jedenfalls trennte sich Hahnemann, so wie er es selbst bekannte, nur schweren Herzens von Siebenbürgen, dessen verschiedenartige Völker ihn fasziniert hatten und wo er ein unbeschwertes, von Wissensdrang beseeltes Leben geführt hatte.

Nach dem Hochschulabschluss in Erlangen, praktizierte er in mehreren Ortschaften in Deutschland, wobei er keine leichte Existenz hatte. Einerseits studierte er ununterbrochen Chemie, Mineralogie und Metallurgie und erfand auch brauchbare neue Kombinationen (z.B. lösliches Quecksilber) andererseits war er von seinen Kollegen wegen seiner neuen Theorie, die er inzwischen weiter ausgearbeitet hatte ("Organon der rationellen Heilkunde", 1810) als Scharlatan verschrien und von den Apothekern angefeindet, da er seine Arzneimittel selber zubereitete (was er eigentlich auch verstand, wie man es aus seinem "Apothekerlexikon", 1798, ersehen kann). Schließlich zog er mit seiner Familie 1835 nach Paris, wo er eine gutgehende Praxis führte und endlich einen positiven Ruhm erlangte. Nicht umsonst ließen sich Persönlichkeiten wie Goethe, Beethoven, Radetzky, Paganini von ihm behandeln.

Hahnemann starb in Paris am 2.Juli 1843

Seine erste Nachfolgerin war die eigene Frau, die ihm in den letzten Jahren geholfen hatte und die Praxis dann selbstständig weiterführte. Trotz den Anfeindungen hatte Hahnemann genügend Anhänger gefunden, die seine Lehre nicht nur weiterführten sondern auch entwickelten. Offensichtlich konnte er die Begeisterung die ihn beseelt hatte auch anderen vermitteln.


Und was hat das alles mit HERMANNSTADT zu tun?

Wahrscheinlich ist es dem aufmerksamen Leser inzwischen klar geworden, daß die Stadt am Zibin nicht die Wiege der Homöopathie ist, wie ich früher selber zu glauben neigte. Gewiß wird der Aufenthalt hier in nicht unwichtigem Maße zu Hahnemanns Werdegang beigetragen haben. Gewiß war es eine schöne Zeit für den jungen Medizinstudenten, in der er so manches experimentieren und erfahren konnte. Gewiß hat er auch hier die Behandlung der Malaria mit Chinarinde erlebt. Ganz bestimmt hat auch diese Lebensetappe einen Beitrag zur Aufstellung der neuen Theorie. Doch die erste Veröffentlichung in diese Richtung erschien erst zwanzig Jahre nachdem er Hermannstadt verlassen hatte. Wie viele andere Ereignisse, Erfahrungen und Erlebnisse konnten da nicht auf ihn einwirken?

Man kann nicht einmal sagen, daß Hahnemanns Transit durch Hermannstadt die Beschleunigung der Einkehr der Homöopathie in diese Stadt zur Folge gehabt hätte. Es gibt keinerlei Indizien dafür, daß er den Kontakt mit jemandem aus dieser Stadt aufrecht erhalten hätte. In dem Maße in dem das neue Heilverfahren in Europa bekannt und anerkannt wurde, kam es über die in Wien, München, Budapest studierenden Mediziner auch nach Siebenbürgen. 1840 gab es homöopathische Ärzte in fast jeder Stadt Transilvaniens. Von den Hermannstädtern seien nur folgende erwähnt: Gustav Spech, Daniel Roth, Victor Roth, Otto Grasser, Emil Brestowsky. (Diese Namen, wie auch folgende Daten hat Herr Dr. pharm. Ovidius Maior im Oktober auf einer pharmaziegeschichtlichen Tagung in Klausenburg mitgeteilt und mir dann freundlicherweise zur Verfügung gestellt.)

Daß in Hermannstadt die Produktion homöopathischer Arzneimittel notwendig wurde ist klar. Die Initiative ist dem aus Reußmarkt stammende Arzt Dr. Schimmert, der während des ersten Weltkrieges aus Budapest nach Hermannstadt beordert wurde, sowie seinem Kollegen, dem Apotheker Dr. Hans Binder, der in Bern einige Erfahrung gesammelt hatte, zu verdanken. Ab 1915 funktionierte diese Abteilung in der Apotheke "Zum Schwarzen Adler", des Apothekers Eugen Wittmayer. Am 24 Dezember 1924 wurde diese Abteilung in die Apotheke "Zum Engel" auf der Reißpergasse No.9 transferiert, wo ihr zwei große Räumlichkeiten zuteil wurden und sie mit neuester Apparatur und Gerätschaft ausgestattet wurde. Das Geschäft blühte auf: 1938 gab es 2500 verschiedene Präparate, alle entsprechend hergestellt und verpackt. Dadurch war diese Apotheke der größte Homöopathikaproduzent im Land.

Im April 1949 wurde die Apotheke verstaatlicht, im August wurde die homöopathische Abteilung geschlossen und im Oktober dem Brukenthalmuseum übergeben. Die vielartigen Produkte wurden quantitativ übergeben, das Meubilier wurde ebenfalls inventarisiert. Leider, aus unerklärlichen Gründen, nicht auch die Apparate, das Geschirr und die Geräte.

Nun schließt sich der Kreis. Diese Sammlung an homöopathischen Präparaten gehört dem Museum. Es ist vielleicht die größte in Europa, wie Herr Dr. Maior schätzt. Doch davon ausgestellt ist im Museum für Pharmaziegeschichte nur ein Bruchteil und Hahnemanns Bild dominiert den Raum. Wahrscheinlich ist hier die Legende vorausgeeilt und weil man weiß, daß Hermannstadt mit Hahnemann und Homöopathie irgendwas zu tun hat, projeziert man seine Erwartungen auf das ganze Apothekenmuseum.

Das Gebäude auf dem Kleinen Ring gab es übrigens schon zur Zeit Hahnemanns, die Apotheke "Zum schwarzen Bären" funktionierte damals darin. Daß der Medizinaspirant seinen Fuß auch da mal hinein gesetzt haben wird ist nicht ausgeschlossen. Ebensowenig wie Vlad, des Pfählers, alias Dracula, Aufenthalt in der Törzburg. Für akribische Forscher ist beides zufällig und irrelevant. Doch als kommerzielle Verwertung könnten sich die Hermannstädter ein Beispiel an der Törzburg nehmen.

Dr. farm. Ingrid Lux



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Dokument: ../hz/1509_3.htm, Dirk Beckesch, letzte Änderung am 29.01.98