Auf dem Klausenburger Marktplatz trotzt
In Ketten geschlagen der Pfarrer Roth.
Ein gutes Essen wird ihm vorgesetzt.
Das letzte. Drei Stunden vor seinem Tod.
Zwölf Szekler Burschen in großer
Parade
Halten die Wacht und ordnen den Verkehr,
Und wenn die Menge gröhlend
aufheult,
Blitzt ihr Bajonett auf dem Gewehr.
Doch der Pfarrer sitzt
wie in seiner Studierstube
Und kostet zum Henkersmahl den ungrischen Wein.
Er ist rot und gut. Nur die Sonne färbt ihn blutig.
Eine Glocke
verhallt. Wie spät mag es sein?
Er borgt die Uhr von einem der
Soldaten
Und legt sie vor sich auf den tannenen Tisch.
Da berührt
der Geistliche Hintz seine Schulter:
"Herr Bruder, schon naht...
gebieterisch...
Eure Seele...", er stockt mit klappernden Zähnen
Und blättert in seinem Gebetbuch und schluckt
Und starrt auf den
unbarmherzigen Zeiger,
Der vorwärts und immer vorwärts zuckt.
Der Meschener Pfarrer greift zu der Feder,
Auch ein Tintenfaß hat man
ihm hingestellt.
Dann schreibt er: "Ihr vielgeliebten Kinder,
So
nehm ich denn Abschied von der schönen Welt.
Ich lass' Euch als
Erbteil nur meinen Namen
Doch ein guter Name ist kostbares Gut,
Ein
wuchernd Pfund für Kinder und Enkel,
Auf dem der Segen der Ahnen ruht.
Haltet zusammen und haltet die Treue
Jeder Stunde mit ihrem eisernen Gebot!
Fürchtet niemand, aber liebt die Menschen!
Gott schütze mein
Volk! Stephan Ludwig Roth."
Horch! Eine Kompanie mit gedämpfter
Trommel.
Sie stehn. Habtacht! Sie schultern das Gewehr.
Dann führen
sie klirrend den Roth in ihrer Mitte,
Der Pöbel läuft johlend
hinterher.
Hinauf zur Zitadelle. Da schimmern die Gärten,
Die Hügel
im saftigen Frühlingsgrün.
Da stutzt der Roth und trinkt mit den
Augen
Entzückt das ewige Werden und Blühn.
Hier stand er als
Jüngling und grüßte die Lande
Und schwenkte den Hut der
gastlichen Stadt,
Hier reiften ihm einst die herrlichsten Plane,
Von
denen er keinen vergessen hat.
Habtacht! Setzt an! Die Gewehre rasseln.
Jetzt, Sachs, zeig! wie steht's mit dem Mut?
Der Roth stößt zurück
die Augenbinde,
Er schleudert ins Gras den breitkrempigen Hut.
Er
steht wie ein Fels und sieht nur die Berge,
Die Hügel, die Gärten,
die treulose Stadt -
Da krachen die Schüsse in eisiger Stille,
Da
zwingt sie ins Knie auch sein letzter Wille,
Der die Krone des Lebens
errungen hat!
Adolf Meschendörfer, 1928