Siebenbürgische Elegie
Anders rauschen die Brunnen, anders rinnt hier die Zeit.
Früh faßt den staunenden Knaben Schauder der
Ewigkeit.
Wohlvermauert in Grüften modert der Väter Gebein,
Zögernd nur schlagen die Uhren, zögernd bröckelt
der Stein.
Siehst du das Wappen am Tore? Längst verwelkte die
Hand.
Völker kamen und gingen, selbst ihr Namen entschwand.
Aber der fromme Bauer sät in den Totenschrein,
Schneidet aus ihm sein Korn, keltert aus ihm seinen Wein.
Anders schmeckt hier der Märzenwind, anders der Duft
von Heu,
Anders klingt hier das Wort von Liebe und ewiger Treu.
Roter Mond, vieler Nächte einzig geliebter Freund,
Bleichte die Stirne dem Jüngling, die der Mittag gebräunt,
Reifte ihn wie der gewaltige Tod mit betäubendem Ruch,
Wie in grünlichem Dämmer Eichbaum mit weisem
Spruch.
Ehern, wie die Gestirne, zogen die Jahre herauf,
Ach, schon ist es September. Langsam neigt sich ihr Lauf.
Adolf
Meschendörfer, 1927
Kronstadt,
* 8.5.1877, 4.7.1963
Dokument: ../ge_mu/elegie.htm, erstellt am 11.03.97,
Autor: Dirk Beckesch, letzte Änderung
am 15.04.03